In der Entscheidung 1 Ob 62/20d vom 28.4.2020 entschied der Oberste Gerichtshof, dass gesundheitsgefährdende oder -beeinträchtigende Immissionen immer ortsunüblich und zu untersagen sind.
Grundsätzlich sind Immissionen vom Nachbargrundstück ausgehend, wie etwa Lärm oder Gestank, von den Anrainern zu tolerieren, solange das ortsübliche Maß nicht überschritten wird und die Benützung des eigenen – von den Immissionen betroffenen – Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Die Ortsüblichkeit wird dabei nach den tatsächlichen Verhältnissen in der maßgebenden Umgebung, also im Gebietsteil oder Stadtviertel, beurteilt. Es ist zu prüfen, ob solche Immissionen auch von anderen Grundstücken im betreffenden Gebiet ausgehen.
Ob die Beeinträchtigung durch die Immissionen die übliche Nutzung der betroffenen Liegenschaft wesentlich ist, richtet sich nach dem Empfinden eines Durchschnittsmenschen und nicht, ob der jeweilige Nachbar mehr oder minder sensibel ist.
Wird die Nachbarliegenschaft aber so beeinträchtigt, dass es zu gesundheitliche Schäden der Nachbarn kommt, sind die Immissionen immer als ortsunüblich zu qualifizieren und können (gerichtlich) untersagt werden, unabhängig davon, ob es mehrere Liegenschaften mit gleichen Immissionen in der Gegend gibt.
Ob eine gesundheitliche Gefährdung in diesem Sinne vorliegt, wird in einer rechtlichen Auseinandersetzung ein medizinischer Sachverständiger zu prüfen haben. Dabei ist nicht nur eine gesundheitliche Schädigung zu belegen, sondern der Kausalzusammenhang zwischen den gesundheitlichen Problemen und der Immissionen nachzuweisen. Es muss also der Beweis erbracht werden, dass die Ursache der gesundheitlichen Probleme die Immissionen von der Nachbarliegenschaft sind. Das kann im Einzelfall schwierig sein.