Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort. Wie immer bei Beeinträchtigungen durch Immissionen (Lärm, Geruch, Rauch, …) ist der jeweilige Einzelfall zu beurteilen. Es ist nach §364 ABGB zu prüfen, ob durch die Rauch- bzw. Geruchsimmissionen, welche in die Nachbarwohnung eindringen, eine ortsunübliche Beeinträchtigung vorliegt UND diese den Nachbarn in der Nutzung seiner Wohnung wesentlich beeinträchtigt.
Dazu ist zunächst anzumerken, dass Rauchen in der eigenen Wohnung oder auf dem eigenen Balkon oder der Terrasse in den Bereich des verfassungsmäßig garantierten Grundrechts der Privatsphäre fällt. Allerdings hat der nicht rauchende Nachbar ein Recht darauf, sein Leben rauchfrei zu gestalten und sich darin nicht beeinträchtigen zu lassen. Es geht also für beide um das Grundrecht auf Privatsphäre. Es ist daher eine umfassende Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen, um zu klären, ob das Rauchen des Nachbarn geduldet werden muss oder eine teilweise Untersagung gefordert werden kann.
In der Entscheidung vom 16.11.2016 zu 2 Ob 1/16k ging es um Zigarrenrauch, der von der schräg darunterliegenden Wohnung in die darüber liegende Wohnung bei geöffnetem Fenster eindringt. Der Zigarrenraucher hatte die Angewohnheit täglich ein bis zwei Zigarren zu Rauchen, wofür er jeweils rund 45 Minuten benötigte. Vor allem in der Nacht zwischen Mitternacht und 2:00 Uhr früh pflegte er eine Zigarre zu rauchen. Bei Schönwetter rauchte er die Zigarre am Balkon. Bei schlechtem Wetter rauchte er bei geöffneten Fenster oder bei geschlossenem Fenster, dass er dann zum Lüften für einige Zeit öffnete. In jedem Fall drang der jedenfalls auffällig wahrnehmbare Zigarrenrauch in die darüber liegende Wohnung ein, wenn das Fenster dort geöffnet war oder sich der Nachbar auch am Balkon aufhielt. Der Nachbar war bis zu fünfeinhalb Stunden täglich dem Zigarrenrauch ausgesetzt, bis sich dieser aus seiner Wohnung wieder verflüchtigte. Ein derartiger Rauchgeruch ist nach Feststellungen des Gerichts für einen durchschnittlichen Nichtraucher auffällig und störend.
Der Oberste Gerichtshof stellte dazu fest, dass das Rauchen immer noch gesellschaftlich verbreitet ist und als ortsüblich einzustufen ist. Dazu ist anzumerken dass es in diesem Falle um Wohnungen in der Wiener Innenstadt ging. Gelegentliches Zigarettenrauchen auf dem Balkon zu üblichen Tageszeiten wird zu tolerieren sein.
Da der Zigarrenrauch aber im konkreten Fall vor allem in der Nacht in die Nachbarwohnung eindringt, wird der Nachbar in seiner Nachtruhe empfindlich gestört. Durch diese stundenlange Geruchsbelästigung wird der Gebrauch der Wohnung wesentlich beeinträchtigt. Es ist daher ein entsprechender Interessenausgleich zwischen den Nachbarn zu schaffen. Der Nachbar hat ein Recht darauf, bei geöffnetem Fenster ohne Beeinträchtigung durch Zigarrenrauch zu schlafen. Er hat auch ein Recht darauf, seinen Balkon ohne Beeinträchtigung durch Rauch zu nutzen. Allerdings sind dem anderen Nachbarn Zeiten einzuräumen, in welcher er uneingeschränkt dem Zigarrenrauchen nachgehen darf. Der oberste Gerichtshof kam unter diesen Überlegungen zu folgendem Ergebnis:
Im Sommer, wenn der Balkon regelmäßig benützt wird und die Fenster in der Nacht offen bleiben, also vom 1. Mai bis 31. Oktober jeden Jahres darf in der Nacht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr und untertags zu den üblichen Essenszeiten von 8:00 bis 10:00 Uhr und von 12:00 bis 15:00 Uhr und von 18:00 bis 20:00 Uhr kein Zigarrenrauch zum Nachbarn eindringen. Im Winter (vom 1. November bis 30. April jeden Jahres), wenn die Fenster in der Nacht geschlossen bleiben und auch der Balkon nicht genutzt wird, ist das Zigarre rauchen nur zwischen 8:00 bis 9:00 Uhr, 13:00 bis 14:00 Uhr und 19:00 bis 20:00 Uhr zu unterlassen. In den hier nicht angeführten Zeiten darf uneingeschränkt Zigarre geraucht werden, sowohl bei offenem Fenster als auch am Balkon.
In der Entscheidung vom 13.8.2025 zu 6 Ob 155/24y hielt der Oberste Gerichtshof nochmals fest, dass bei Beeinträchtigungen durch Zigarettenrauch die Lage der Wohnungen zueinander und die Intensität und Dauer der Geruchs- und Rauchentwicklung entscheidend ist. In diesem Falle ging es um den Geruch von Zigaretten der weniger als 15 Minuten pro Tag nur bei bestimmten meteorologischen Verhältnissen wahrnehmbar war. Die Eigentümer eines Reihenhauses in Hollabrunn fühlten sich durch den Zigarettenrauch von einer auf der Nachbarliegenschaft gelegenen Wohnung bzw. dessen Balkon ausgehend belästigt. Die beiden Gebäude sind ca. 3 m voneinander entfernt, wobei die Terrasse des Reihenhauses mehr als 5 m von der Grundstücksgrenze zur Nachbarliegenschaft entfernt ist. Nur wenn die Eigentümer des Reihenhauses auf der Terrasse sitzen und bestimmte Wetterverhältnisse vorherrschen, nehmen Sie den Zigarettengeruch der vom Balkon einer dieser Wohnungen auf der Nachbarliegenschaft ausgeht für kurze Zeit war.
In diesem Falle wies der Oberste Gerichtshof die Klage ab, weil die Intensität und Dauer der Geruchs-und Rauchimmissionen zu gering sind, um das ortsübliche Maß zu überschreiten und die Eigentümer des Reihenhauses in der Nutzung ihrer Immobilien nicht wesentlich beeinträchtigt sind.