In jüngster Zeit wurden die Bauordnungen für Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Vorarlberg geändert. Die Änderungen sind mit 1.1.2017 in Kraft getreten.
Grundlage der aktuellen Änderung der Bauvorschriften ist die Richtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation.
Mit dieser Richtlinie soll der Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen (Breitband) für die elektronische Kommunikation erleichtert und entsprechende Anreize geschaffen werden, indem die gemeinsame Nutzung bestehender physischer Infrastrukturen gefördert und ein effizienterer Ausbau neuer physischer Infrastrukturen ermöglicht wird, damit solche Netze zu geringeren Kosten errichtet werden können. Die Richtlinie legt Mindestanforderungen für Bauwerke und physische Infrastrukturen fest, mit dem Ziel, bestimmte Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen aneinander anzugleichen.
Die Richtlinie wäre schon bis 1.1.2016 umzusetzen gewesen. Die Novellierung der Bauordnungen mit Inkrafttreten per 1.1.2017 erfolgt also um 1 Jahr verspätet.
Es ist davon auszugehen, dass die weiteren Bundesländer (Salzburg, Oberösterreich, Kärnten und Tirol) sehr bald entsprechende Änderungen ihrer Bauvorschriften vornehmen werden.
Mit der Novelle der Wiener Bauordnung (LGBl 27/2016 vom 22.6.2016) wurde ein neuer § 88a eingeführt.
Nach dieser neuen Bestimmung ist bei einem Neubau, einem Zu- oder Umbau von mindestens einem Geschoß oder einer Generalsanierung eine hochgeschwindigkeitsfähige gebäudeinterne physische Infrastruktur von einem Zugangspunkt bis zu den Netzabschlusspunkten herzustellen.
Unter hochgeschwindigkeitsfähige gebäudeinterne physische Infrastrukturen werden gebäudeinterne physische Infrastrukturen, die ausreichend dimensioniert sind, um Komponenten von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation aufzunehmen oder die Versorgung mit solchen Netzen bis zu jedem Netzabschlusspunkt zu ermöglichen. Diese Definition entspricht Artikel 2 der Richtlinie und ist ident mit der Definition in § 3 Telekommunikationsgesetz, das ein Bundesgesetz ist.
Dazu ist anzumerken, dass das Telekommunikationsgesetz unter einem Hochgeschwindigkeitsnetz ein Kommunikationsnetz, das die Möglichkeit bietet, Breitbandzugangsdienste mit Geschwindigkeiten von mindestens 30 Mbit/s in Downstreamrichtung bereitzustellen, versteht.
Zugangspunkt ist ein physischer Punkt innerhalb oder außerhalb des Gebäudes, der für Unternehmen, die öffentliche Kommunikationsnetze bereitstellen oder für deren Bereitstellung zugelassen sind, zugänglich ist und den Anschluss an die hochgeschwindigkeitsfähigen gebäudeinternen physischen Infrastrukturen ermöglicht.
Ein Netzabschlusspunkt ist der physische Punkt samt den entsprechenden technischen Spezifikationen, an dem einem Teilnehmer der Zugang zu einem öffentlichen Kommunikationsnetz bereitgestellt wird.
Diese Definitionen sind in den einzelnen Baugesetzen der Länder ident.
Für folgende Gebäude gilt diese neue Verpflichtung nicht:
Der mit der jüngsten Novelle der NÖ Bauordnung (LGBl 106/2016 vom 30.12.2016) eingeführte § 43a sieht eine sehr ähnliche Verpflichtung für den Ausbau des Breitbandinternets vor. Die Bestimmung geht sogar noch weiter als die Wiener Regelung. In allen Neubauten und bei umfangreichen Renovierungen von Gebäuden mit mehr als einer Wohnung (in Wien erst bei mehr als 4 Wohnungen) ist ein Zugangspunkt herzustellen.
Dafür gibt es eine weitere Ausnahme, wenn aufgrund des Verwendungszweckes des Gebäudes keine Notwendigkeit für eine elektronische Kommunikation zu erwarten ist.
Auch in Burgenland wurde bereits mit dem neuen § 37a Burgenländische Bauordnung (LGBl 72/2016 vom 24.10.2016) eine entsprechende Bestimmung eingeführt.
Bei Neubauten und größeren Renovierungen von Gebäuden sind ausreichend dimensionierte hochgeschwindigkeitsfähige gebäudeinterne physische Infrastrukturen bis zu den Netzabschlusspunkten vorzusehen. Einfamilienhäuser sind davon ausgenommen.
Bei Neubauten und größeren Renovierungen von Gebäuden mit jeweils mehr als vier Wohneinheiten ist ein Zugangspunkt vorzusehen.
Auch hier gibt es sehr ähnliche Ausnahmen von diesen Verpflichtungen:
In der Steiermark wurde auch schon eine entsprechende Bestimmung im neuen § 92b Steiermärkisches Baugesetz (LGBl 117/2016 vom 30.9.2016) eingeführt.
Bei Neubauten und größeren Renovierungen von Gebäuden mit mehr als 4 Wohnungen sind hochgeschwindigkeitsfähige gebäudeinterne physische Infrastrukturen von einem Zugangspunkt bis zu den Netzabschlusspunkten vorzusehen.
Die Ausnahmen sind ident mit jenen in der Wiener Bauordnung. Nur Gebäude vorübergehenden Bestandes sind in der Steiermark nicht ausgenommen.
Mit der Novelle der Vorarlberger Bautechnikverordnung (LGBL 93/2016 vom 3.11.2016) wurde mit § 26a ebenfalls eine Regelung zur Schaffung einer hochgeschwindigkeitsfähigen gebäudeinternen physischen Infrastruktur eingeführt.
Bei Errichtung eines Wohngebäudes oder bei umfangreicher Renovierung (bewilligungspflichtige strukturelle Veränderungen am Gebäude) ist ein Zugangspunkt vorzusehen.
Die Ausnahmen sind in Vorarlberg restriktiver gehalten.
Die Verpflichtung gilt nicht für
Die Verhältnismäßigkeit der Schaffung dieser gebäudeinternen Infrastruktur für die elektronische Kommunikation im Verhältnis zum konkreten Bauvorhaben spielt in Vorarlberg zum Unterschied zu den anderen Ländern keine Rolle. Diesbezüglich gibt es in der Vorarlberger Bautechnikverordnung keine Ausnahmeregelung.
Aufgrund dieser neuen Bestimmungen in den Bauordnungen der Länder werden Bauherren und Bauträger verpflichtet, beim Ausbau des Breitbandnetzes mitzuwirken und einen Teil der Kosten für den Ausbau zu übernehmen. Die Telekommunikationsbranche soll dadurch entlastet werden. Baukosten und dadurch indirekt Mieten und Kaufpreise für Wohnungen werden dadurch aber erhöht.