Benützungsbewilligung ersetzt fehlende Baubewilligung nicht!

9. Juli 2020 | Baurecht

Bevor Fertigstellungsanzeigen in den Bauordnungen vorgesehen wurden, wurde von den Baubehörden nach der Kollaudierung Benützungsbewilligungen ausgestellt.

In der Entscheidung vom 14.4.2020 zu Ra 2020/06/0080 entschied der Verwaltungsgerichtshof, dass eine Benützungsbewilligung eine fehlende Baubewilligung nicht ersetzen kann.

Im konkreten Fall ging es um ein Wohnhaus in der Steiermark, bei welchem ein Zubau errichtet wurde. In der Baubewilligung für den Zubau war klar angeführt, welche Abstände zu den Grundstücksgrenzen (Bauwich) einzuhalten sind, nämlich 3m. Der tatsächlich errichtete Zubau wurde zu nah an die Grundgrenzen herangebaut – 1,24m bzw 1,25m. Daraufhin wurde von der Baubehörde mit Bescheid die Beseitigung dieses illegalen Zubaus aufgetragen und die Herstellung des konsensgemäßen (der Bauordnung und der Baubewilligung entsprechenden) Zustandes aufgetragen.

Der Eigentümer und Bauwerber versuchte gegen den Abbruchauftrag vorzugehen und argumentierte, dass in der bereits erlassenen Benützungsbewilligung angeführt sei, dass die Errichtung des Zubaus „plangemäß“ erfolgt sei und die Nichteinhaltung des Bauwichs von der Baubehörde damit bewilligt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus, dass es sich bei dieser Formulierung in der Benützungsbewilligung bloß um eine vermeintlich plangemäße Ausführung handeln kann. Eine Baubewilligung in Form eines Bescheides ist dadurch von der Baubehörde nicht erlassen worden. Es besteht daher kein Recht aufgrund der Benützungsbewilligung den rechtswidrigen Zustand zu belassen. Der Abbruchauftrag für den Zubau wurde zurecht erteilt.

Die fehlende Baubewilligung könnte bloß durch nachträgliche Einreichung und baubehördliche Bewilligung des von der ursprünglichen Baubewilligung abweichenden Zubaus saniert werden. Allerdings kann für der Bauordnung nicht entsprechende Bauvorhaben – hier Unterschreitung des Bauwichs – keine (auch keine nachträgliche) Baubewilligung erwirkt werden. Der Zubau ist entsprechend zu verkleinern oder gänzlich zu entfernen.

Bei der nachträglichen Einholung von bereits errichteten Baulichkeiten ist zu beachten, dass die Bauvorschriften zum Zeitpunkt der Einreichung einzuhalten sind, unabhängig davon, wann das Bauwerk errichtet wurde.